„Antifeminismus ist die Einstiegsdroge in den Rechtsextremismus.“ - Julia Post
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Trotz zahlreicher Fortschritte in der Geschlechtergleichstellung bleibt viel zu tun. Der Frauenanteil in kommunalen Gremien und Führungspositionen in Unternehmen ist oft deutlich zu niedrig, und in einigen Bereichen ist sogar ein Rückgang zu verzeichnen. Noch immer sind Frauen und Männer in vielen gesellschaftlichen Bereichen nicht gleichgestellt – auch in Bayern.
Ein aktuelles Treffen des offenen Frauennetzwerks in Erding zeigt, wie groß die Sorgen und der Wunsch nach Veränderung sind. Frauen unterschiedlichen Alters kamen zusammen, um sich zu vernetzen, zu informieren und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Dabei wird deutlich, dass die Gleichberechtigung noch immer eine Herausforderung ist. Julia Post, Sprecherin für Frauenpolitik der Landtags-Grünen, betont die Gefahr, dass rechtsextreme Parteien wie die AfD Frauenrechte massiv angreifen. Sie warnt: „Antifeminismus ist die Einstiegsdroge in den Rechtsextremismus.“
Die Teilnehmerinnen des Treffens sprechen offen über eine sogenannte „Rückwärtsbewegung“ in Sachen Gleichstellung. Es ist für viele unverständlich, warum gerade junge Frauen wieder in traditionelle Rollen schlüpfen, wie es die sogenannten „Tradwives“ im Netz vorleben. Gleichzeitig hat sich die Situation in der Arbeitswelt für Frauen kaum verbessert: Der Gender-Pay-Gap besteht weiterhin, Kita-Plätze sind knapp, und 60 Prozent der Frauen arbeiten in Teilzeit – ein Umstand, der ihre finanzielle Unabhängigkeit einschränkt.
In Bayern wird viel über Genderverbote diskutiert, doch die echten Probleme, wie das Recht auf körperliche Unversehrtheit und Sicherheit, geraten oft in den Hintergrund. Frauenrecht ist Menschenrecht, das sichtbarer gemacht werden muss, sowohl in der Öffentlichkeit als auch in politischen Debatten.
Der Anteil der Frauen im Landtag liegt bei nur 25 Prozent, was eine deutliche Rolle rückwärts bedeutet. Julia Post fordert, dass Frauen in allen Gremien – im Stadtrat, Gemeinderat oder Kreistag – vertreten sein müssen. In Erding sind von den 40 Stadtratsmandaten nur neun an Frauen vergeben, und nur drei Bürgermeisterinnen gibt es im Landkreis.
Erfahrungen wie die von Helga Stieglmeier, einer langjährigen Stadträtin, zeigen, dass Frauen für ihre Rechte kämpfen und andere motivieren müssen, und zwar parteiübergreifend. Ein kommunales Beispiel ist die Einrichtung eines Safe Points für Mädchen und Frauen beim Erdinger Herbstfest, ein gemeinsames Projekt aller Frauen im Stadtrat. Doch es bleibt schwierig, Frauen für kommunale Ämter zu gewinnen, was auch an Berichten über Anfeindungen im Netz liegen könnte.
Ein besonders ernstes Thema ist häusliche Gewalt. Steffi Irmscher-Grothen, Leiterin des Frauenhauses im Landkreis Erding, macht deutlich, dass fehlende Sicherheit für Frauen oft lebensbedrohlich ist. Jährlich werden in Bayern etwa 50.000 Frauen Opfer häuslicher Gewalt, und die Zahl der Femizide in Bayern hat sich in den letzten Jahren verdoppelt. Die Ausstattung der Frauenhäuser ist unzureichend, und ihre Finanzierung ist eine ständige Herausforderung.
Die Fachstellen für Täterarbeit sind überlastet, ebenso besteht großer Bedarf an Präventionsarbeit, insbesondere in Schulen und bei der Schulsozialarbeit. Julia Post zeigt sich dennoch optimistisch: Das kürzlich verabschiedete Gewalthilfegesetz gibt Hoffnung, auch wenn der Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung erst 2032 in Kraft tritt.
Nach diesem Abend ist wieder einmal klargeworden: Es gibt noch viel zu tun, um echte Gleichberechtigung in Bayern zu erreichen.