Letzter Gleichstellungsbericht im Bayerischen Landtag | Zahlen unterstreichen einmal mehr gewaltige Herausforderungen im Öffentlichen Dienst
München (02.12.2025) - Auf Betreiben von CSU und Freien Wählern soll der Gleichstellungsbericht vollständig abgeschafft werden. Darüber entscheidet der Landtag demnächst. Heute stehen die aktuellen Ergebnisse des 7. Gleichstellungsberichts zum letzten Mal auf der Tagesordnung des Ausschusses für Fragen des öffentlichen Dienstes (Bericht siehe Ende der Seite).
Julia Post, Sprecherin der Landtags-Grünen für Frauen, Jugend und den öffentlichen Dienst, kritisiert das scharf: „Die Söder-Regierung streicht denGleichstellungsbericht - das ist kein schlichter Verwaltungsakt, sondern einfatales politisches Signal. Damit fallen künftig die offiziellen Zahlen zur Gleichstellung im öffentlichen Dienst unter den Tisch, was rund 350.000Beschäftigte in der bayerischen Staatsverwaltung betrifft. Wer die Transparenz über Gleichstellungszahlen blockiert, bremst gleichzeitig den Fortschritt im öffentlichen Dienst.”
Besonders widersprüchlich: Über Monate hatte die Staatsregierung eine Novelle des Bayerischen Gleichstellungsgesetzes beraten - inklusive Regelungen zum Gleichstellungsbericht, ohne dass von einer Abschaffung des Berichts die Rede war. Der Landtag beschloss das Gesetz Anfang Juli, kurz darauf folgte dieKehrtwende: Der Bericht soll als Entbürokratisierungsmaßnahme komplettent fallen. Für die Grünen ist das nicht nachvollziehbar und torpediert die ohnehin schon lückenhafte Datenlage bei der Gleichstellung.
Der letzte Gleichstellungsbericht stammt aus dem Jahr 2021, mit Datenstand 31.12.2018. Schon damals waren zentrale Zahlen zu Frauen in Führungspositionen, Teilzeit, Bezahlung und Vereinbarkeit von Familie und Berufbei Vorlage bereits mehr als zwei Jahre alt. Künftig soll es nun also gar keine verbindlichen Zahlen mehr geben.
Julia Post: „Die Botschaft der Staatsregierung lautet offenbar: Was ich nicht weiß, muss ich nicht ändern. So macht man keine Politik für eine moderne Arbeitswelt- das ist verantwortungslos und ein Rückfall in alte Muster.”
Dabei zeigt der nun vorgestellte Gleichstellungsbericht einmal mehr, wie groß die Herausforderungen im öffentlichen Dienst weiterhin sind.
Positiv ist: Die Umsetzungspflicht wird ernster genommen. 90,2 % der verpflichteten Dienststellen legen inzwischen Gleichstellungsberichte vor (2019:85,5 %), 83,3 % der staatlichen Stellen mit Pflicht verfügen über ein aktuellesGleichstellungskonzept (2019: 79 %).
Trotzdem bleiben die Ungleichheiten massiv:
- 41 % aller Beschäftigten arbeiten in Teilzeit. Das ist immer noch sehr viel. Besonders auffällig: Teilzeit bleibt klar Frauensache - mehr als 82 % der Teilzeitkräfte sind Frauen. Das zeigt, dass vor allem FrauenBeruf und Familie stemmen müssen.
- Auch in Führungspositionen sind Frauen weiterhin seltener vertreten. In der Staatsverwaltung liegt ihr Anteil bei 49 %, in den Kommunen sogar nur bei 42,5 %. Das bedeutet: Je höher die Ebene, desto stärker dominieren Männer.
- Im Freistaat Bayern sind nur 12,9 % der Führungskräfte Frauen in Teilzeit. Teilzeit-Führungsmodelle sind also noch immer eine Ausnahme. Das ist ein echtes Hindernis für Frauen, denn gleichzeitig stellen Männer in Vollzeit mit 56,6 % die Mehrheit aller Führungskräfte. Das zeigt, wie stark Führung an Vollzeit und damit an männliche Erwerbsbiografien gekoppelt bleibt.
- Frauen werden seltener verbeamtet als Männer. Das ist besonders kritisch, weil Verbeamtung Sicherheit, Einfluss und Aufstiegschancen bietet. Wenn Frauen hier seltener berücksichtigt werden, entstehen langfristige Nachteile.
- In wichtigen Entscheidungsrunden sinkt der Frauenanteil wieder. Er fällt von 48,7 % auf 44,6 %. Das heißt: Dort, wo über wichtige Weichenstellungen entschieden wird, sitzen wieder mehr Männer am Tisch und Frauen verlieren Einfluss.
Die Zahlen zeigen eindeutig: Gleichstellung kommt nicht von allein. Frauen tragen weiterhin die Hauptlast der Teilzeit, haben schlechtere Chancen auf Führungspositionen und Verbeamtung und verlieren sogar in Gremien an Sichtbarkeit.
Julia Post: „Wenn Bayern echte Gleichstellung erreichen will, braucht es entschlossene Maßnahmen, die diese strukturellen Barrieren abbauen. Doch die Politik der Staatsregierung weist mit der Einschränkung von Teilzeit, der unzureichenden Novellierung des Gleichstellungsgesetzes und der Abschaffung des Gleichstellungsberichtes in eine andere Richtung und macht Frauen das Leben in Zukunft noch schwerer. Während Vaterschaft kaum ein Karrierehindernis ist, bleibt Mutterschaft ein echtes Karriererisiko. Wir Grüne wollen flexible Arbeitszeitmodelle, damit zeitgemäßes Arbeiten und Führen ermöglicht wird.“
Die Landtags-Grünen fordern den Erhalt des Gleichstellungsberichts und ein Update - modernisiert, digital und transparent: Echtzeit-Daten, automatisierte Berichte auf Knopfdruck, klare Ziele und echte moderne Personalpolitik.
Julia Post: „Denn Gleichstellung ist kein Nice-to-have, sondern Verfassungsauftrag und wichtig für einen attraktiven öffentlichen Dienst in Bayern.”