vom 31.07.2024
Sehr geehrte Frau Staatsministerin Stolz,
sehr geehrte Frau Staatsministerin Scharf,
sehr geehrte Frau Staatsministerin Gerlach,
sehr geehrter Herr Staatsminister Herrmann,
am 23. Juli 2024 wurde im Kabinett die Einführung flächendeckender Sprachstands- erhebungen und eine verpflichtende Sprachförderung im Freistaat beschlossen. Ziel sei es dabei, mehr Verbindlichkeit und bessere Durchsetzungsmöglichkeiten in diesem Bereich zu schaffen, um alle Kinder zu erreichen und bestmöglich fördern zu können. Zur Erreichung dieses Ziels haben Ihre Ministerien laut Kabinettsbericht gemeinsam ein Konzept entwickelt. Die Eckpunkte des Konzepts wurden in Ihrer Mitteilung kurz umrissen. Nachdem viele Fragen jedoch offenbleiben, wäre ich Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mir das vollständige Konzept Ihrer Häuser zukommen lassen würden. Zudem wäre eine Erläuterung hilfreich, in welcher Funktion Ihre jeweiligen Häuser an diesem Konzept mitgewirkt haben.
Darüber hinaus möchte ich Sie bitten, mir eine Auskunft über Ihre Einschätzung zu geben, in welcher Höhe finanzielle Mittel in den künftigen Jahren in den Bereich der Sprachförderung in Kindertageseinrichtungen fließen müssen, um alle Kinder in Bayern bestmöglich fördern zu können.
Zur konkreten Umsetzung der künftig geplanten Sprachstandserhebungen und der verpflichtenden Sprachförderung in Bayern würde ich Sie bitten, mir folgende offene Fragen zu beantworten:
- Wie viele neue Stellen für den Bereich der Sprachförderung und der Verwaltung (Ausstellung Zertifikate Sprachkompetenz) in Kindertageseinrichtungen sollen geschaffen werden bzw. wie wird dieser zusätzliche Aufwand bei der Kita- Finanzierung im Rahmen des BayKiBiG berücksichtigt?
- Wie viele neue Stellen für den Bereich der Sprachstandserhebung und für den Bereich der Organisation (Anschreiben an alle Eltern) an den Grundschulen sollen geschaffen werden?
- Inwiefern werden die Studienkapazitäten oder die Sequenzlehrgänge an der ALP ausgebaut, um weitere Beratungslehrkräfte auszubilden?
- Inwiefern werden die Anrechnungsstunden für die Beratungslehrkräfte, die die Sprachtests durchführen, erhöht? Wie viele Kindertageseinrichtungen werden künftig von einer Beratungslehrkraft betreut?
- Werden die bestehenden Sprachtests weiterhin durchgeführt oder durch das neue Sprachscreening ersetzt? Welche Defizite gegenüber dem geplanten Sprach- screening weisen Ihrer Ansicht nach die bestehenden Sprachtests auf, sodass künftig eine andere Form von Sprachtest nötig ist?
- Werden Kinder, bei denen ein Förderbedarf festgestellt wird, die Einrichtung wechseln müssen, um den verpflichtenden Vorkurs Deutsch zu besuchen?
- Welche Entfernung zu einer Einrichtung, die diesen verpflichtenden Vorkurs anbietet, müssen Eltern in Kauf nehmen bzw. wie wird organisiert, dass Kinder mit Förderbedarf eine solche Einrichtung auch erreichen?
- Wie soll sichergestellt werden, dass von der Einschulung zurückgestellte Kinder in der Zeit der Rückstellung ein ausreichendes Sprachniveau erreichen bzw. sollen sie erneut zurückgestellt werden, wenn sie dieses Niveau nicht erreichen?
- Wird für Kinder mit Förderbedarf eine Anwesenheitspflicht in der Kindertages- einrichtung gelten? Wie soll diese ausgestaltet sein und wie soll sie umgesetzt werden?
- An wie vielen Kindertageseinrichtungen in Bayern werden derzeit Vorkurse Deutsch angeboten? Wie sind diese auf die bayerischen Landkreise verteilt? Wie viele Kindertageseinrichtungen sollen bis 2025 Vorkurse Deutsch anbieten?
- Wie definiert sich der „erhebliche Sprachförderbedarf“ und inwiefern werden Kinder gefördert, bei denen zwar kein erheblicher, aber doch ein Sprachförder- bedarf besteht? Oder gehen Sie davon aus, dass die Grundschullehrkräfte diesen Förderbedarf auffangen können?
- Wie viele Kinder besuchen derzeit in Bayern im Jahr vor ihrer Einschulung keine Kindertageseinrichtung und werden von den bestehenden Sprachtests nicht erreicht?
- Sind Ihren Häusern die Ergebnisse der bisher durchgeführten Sprachtests bekannt und wird die derzeitige Sprachförderung (Sprach-Kitas, Vorkurse Deutsch) in Kindertageseinrichtungen anhand dieser Ergebnisse organisiert?
- Dass ein alltagsintegrierter Spracherwerb die effektivste Methode ist, Kindern Sprache zu vermitteln, ist wissenschaftlich seit langem erwiesen und wird erfolg- reich praktiziert, warum hat sich die Staatsregierung gegen dieses Modell entschieden? Oder soll auch in diesem Bereich ein Ausbau stattfinden und wenn ja, wie soll dieser konkret aussehen?
- Viele Kinder, die eingeschult werden sollen, leiden nicht nur unter mangelnder Sprachkompetenz, sondern haben psychische oder motorische Störungen. Inwiefern soll hier künftig frühzeitig eine Förderung angeboten werden?
Für Ihre Antwort möchte ich mich bereits im Voraus herzlich bedanken und verbleibe mit freundlichen Grüßen.